Englisches Flair mitten in Westschweden | Tag 3

Heute ging’s etwas entspannter los. Kein Stress, kein Regenklopfen auf dem Dach, einfach gemütlich frühstücken und losrollen. Gegen 9:30 Uhr haben wir uns vom Platz getrollt – im besten Camper-Tempo eben, schließlich lag heute keine Monsteretappe vor uns.

Unser Hauptziel war das Schloss Tjolöholm an der schwedischen Westküste. Der Weg dorthin führte uns durch eine flache, offene Landschaft, vorbei an kleinen Schäreninseln, die wie Farbtupfer im Meer lagen. Manche von ihnen waren so klein, dass nur ein einzelnes Bauernhaus darauf stand – und doch wirkte es wie aus einem Bilderbuch. Auch der Wettergott meinte es gut mit uns: den ganzen Tag kein Regen, nur ein paar harmlose Wolken, und immer wieder Sonne. Fantastisch!

Gegen 11:45 Uhr rollten wir schließlich auf den Parkplatz des Schlosses. Noch war es recht ruhig, und so konnten wir die letzten Kilometer über die schmale Zufahrtsstraße entspannt genießen. Schon hier bekamen wir einen ersten Eindruck vom englischen Charakter des Anwesens, denn kurz vor dem Ziel passierten wir eine kleine Kirche im britischen Stil.

Das Schloss selbst ist ein echtes Schmuckstück. Es wurde um 1900 von Blanche Dickson erbaut, die sich hier einen Wohnsitz im englischen Tudorstil errichten ließ. Zwischen 1898 und 1904 entstand so ein Bau, der mehr nach Südengland als nach Westschweden aussieht. Von außen thront das Schloss anmutig auf einer Landzunge, während im Hintergrund das Meer glitzert. Die Gartenanlagen waren noch immer voller bunter Blumen, die in der Sonne leuchteten.




Natürlich haben wir uns auch das Innere angesehen – und das lohnt sich! Für 150 Kronen, also rund 14,50 € pro Person, darf man auf eigene Faust durch die Räume spazieren. Keine nervigen Absperrgitter, nur kleine, fast unsichtbare Bänder und der Hinweis, sich bitte nicht auf die antiken Möbel zu setzen. Alles wirkt dadurch lebendig, als ob die Bewohner nur kurz den Nachmittagsspaziergang machen und gleich wiederkommen. Besonders beeindruckend ist, dass die Inneneinrichtung vollständig original erhalten ist. Hier gibt es dunkle Holzvertäfelungen, schwere Möbel und viele Details im Arts-and-Crafts-Stil. Für die damalige Zeit war das Schloss ein technisches Wunder: es verfügte bereits über elektrische Beleuchtung, eine zentrale Warmluftheizung und sogar eine frühe Staubsaugeranlage – alles aus England importiert.


Nach der Besichtigung zog es uns in die Gartenanlage. Die Blumenbeete blühten farbenfroh, die Aussicht auf das offene Meer war fantastisch, und während wir umherschlenderten, bereitete sich tatsächlich ein Hochzeitspaar auf Fotos im und am Schloss vor. Kein Wunder, dieser Ort ist wie gemacht für große Momente. Für uns war es dann aber an der Zeit, weiterzuziehen – und zwar in das nur fünf Minuten entfernte Arbeiterdorf der Dicksons.

Dieses kleine Dorf wurde Ende des 19. Jahrhunderts für die Bediensteten und Arbeiter des Schlosses errichtet. Wer allerdings nüchterne Unterkünfte erwartet, wird überrascht: die roten Holzhäuser mit weißen Fensterrahmen wirken idyllisch, fast romantisch. Jedes Haus verfügte schon damals über Strom und fließendes Wasser, was zur Bauzeit purer Luxus war. In einem der Häuser kann man heute eintreten und bekommt einen Eindruck davon, wie die Menschen damals gelebt haben. Kleine Küchen, einfache Schlafzimmer, Arbeitsgeräte – alles so eingerichtet, als wären die Bewohner nur kurz ausgegangen. Ein spannender Kontrast zur Pracht des Schlosses, und dennoch genauso sehenswert.


Nach weiteren fünf Minuten zu Fuß erreichten wir schließlich die kleine Kirche von Tjolöholm. Sie wurde 1904 erbaut, ebenfalls im englischen Stil. Von außen erinnert sie an eine typische Landkirche irgendwo in Cornwall, mit grauem Stein, einem eckigen Turm und verspielten Fenstern. Im Inneren geht es schlicht, aber stimmungsvoll zu: dunkle Holzbänke, Buntglasfenster, alles sehr britisch. Hier kann man wirklich vergessen, dass man in Schweden ist. Für einen Moment fühlt es sich an, als hätte man den Ärmelkanal überquert.

Nach all diesen Eindrücken kehrten wir zum Wohnmobil zurück und machten uns auf den Weg nach Göteborg. Vorher legten wir noch einen kurzen Halt in einem der riesigen schwedischen Supermärkte ein, um unsere Vorräte aufzufüllen. Die Dimensionen dieser Läden sind immer wieder beeindruckend – und man entdeckt dort Produkte, die man zuhause garantiert noch nie gesehen hat.

Unser Ziel für die Nacht war der Campingplatz Lisebergsbyn Göteborg. Er bietet ideale Bedingungen, um am nächsten Tag die Stadt zu erkunden: gepflegt, praktisch gelegen und mit allem ausgestattet, was man braucht. Abends gab es bei uns Spaghetti Bolognese – einfach, lecker und genau das Richtige, um Kraft für die bevorstehende Stadterkundung zu tanken. Dann ließen wir den Tag gemütlich ausklingen. Morgen wartet Göteborg!

Gefahrene KM: 174

Aktuelle Position:

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GÖTEBORG – ZWISCHEN ALTEM CHARME UND MODERNEM LEBEN | TAG 4

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